Werkbahn der Bayerischen Braunkohlen Industrie AG
Nichts könnte den engen Verbund zwischen BBI und Kraftwerk Schwandorf besser dokumentieren als die Bahnstrecke, die beide aneinander kettet.
Die Bayerische Braunkohlen-Industrie AG hat sie projektiert, erbaut und - wenn erforderlich - auch umgebaut.
1956/57 | ab 1973 | |
Installierte Leistung im Kraftwerk | 200 MW | 700 MW |
Stromerzeugung | 1.000 GWh | 5.100 GWh |
Kohlenlieferung an das Kraftwerk | 2. Mio. t | 8. Mio. t |
Fahrzeugbestand: | ||
Dampflokomotiven | 9 | - |
Diesellokomotiven | - | 7 |
Kohlewagen | 38 | 58 |
Filteraschewagen | 4 | 29 |
Grobaschewagen | 23 | 44 |
Bis zur Umstellung auf Diesellokomotiven in den Jahren 1959 bis 1963 wurden die Kohlenzüge von den Verladeanlagen der BBI zu dem Außenbunker des Kraftwerkes mit Dampflokomotiven gezogen. Jede Lokomotive, mit einem Lokführer, einem Heizer und einem Zugführer besetzt, zog acht Kohlewagen mit einer Gesamtnutzlast von 400 t. Die klimatischen Verhältnisse während der Wintermonate stellten an den Zugbetrieb besonders hohe Anforderungen. In einer Schicht konnten pro Lok maximal 5 Kohlenzüge transportiert werden. Eine Lok lieferte demnach maximal 2000 t Kohle/Schicht zum Kraftwerk. Nach der "Verdieselung" des Zugbetriebes und nach weiteren Verbesserungen der Bahneinrichtungen sind von den nur noch mit einem Lokführer besetzten Diesellokomotiven 10 Züge mit je 10 Wagen, also insgesamt 5000 t Kohle/Lok und Schicht, zum Kraftwerk gefahren worden.
Alle 7 1/2 Minuten ein Zug
In den Jahren 1956 bis 1959 wurde eine Lieferung von 7000 t Kohle und 1500 t Asche/Tag als "stolze Transportleistung" betrachtet. Im Vergleich dazu hat der Bahnbetrieb der BBI zum Beispiel alleine am 2. November 1978 31 600 t Kohle und 7600 t Asche befördert, also insgesamt eine Transportleistung von 39 200 t erbracht. Hierzu waren 97 Vollzüge und die gleiche Anzahl von Leerzügen, also insgesamt 194 Zugfahrten, auf der teilweise eingleisigen Strecke erforderlich. Das bedeutete, dass im Durchschnitt alle 71/2 Minuten ein Zug den "Flaschenhals", die 2,8 km lange eingleisige Strecke vom Stellwerk zum Kraftwerk, die allein eine Fahrzeit von 4 Minuten erforderte, passierte.
Rollendes Material
Vor 25 Jahren hatte der Bahnbetrieb zur Erledigung seiner Transportaufgaben neun Dampflokomotiven zur Verfügung. Die älteste Lokomotive war im Jahre 1902 und die modernste 1953 gebaut worden. Die Leistung betrug 350 bis 650 PS. Die Umstellung auf Diesellokomotiven erfolgte ab 1959. Sie war 1963 nach der Beschaffung von vier Stück 1000 PS - Deutz-Diesel-Lokomotiven und einer 540 PS Rangierlokomotive vorerst abgeschlossen. Mit diesen Lokomotiven konnte das Kraftwerk bis zu einer installierten Leistung von 400 MW mit Kohle versorgt werden. Zu den Aufgaben des Bahnbetriebes gehörten auch der Rücktransport und die Verkippung der Elektro-filter- und der Grobasche. Außerdem verkehrte von altersher ein Personenzug, der allen Einwohnern von Schwandorf und Umgebung unter dem Namen "Bockl" bekannt war, und der zwischen Schwandorf und den Werksanlagen pendelte.
Im Jahre 1972, mit der Inbetriebnahme des Blockes D., welcher die Kraftwerksleistung um 75 Prozent auf 700 MW steigerte, musste wegen der starken Streckenbelegung durch den Kohlezugverkehr der Personenzug eingestellt werden. Zur Bewältigung der zusätzlichen Transportaufgaben mussten darüber hinaus drei weitere Drehgestell- Diesellokomotiven mit je 1100 PS von der Firma Maschinenbau Aktiengesellschaft Kiel (MAK) gekauft werden. Die Lokomotiven sind mit einem automatischen Voith-Strömungsgetriebe und einer Wendezugsteuereinrichtung ausgerüstet. Die Wendezugeinrichtung, bei der der Vollzug zum Kraftwerk geschoben und der Leerzug zur Beladestelle am BBI-Hochbunker gezogen wird, erübrigt beim Pendelverkehr an dem jeweiligen Zielort das zeitraubende Umsetzen der Lokomotive - einschließlich Abkuppeln, Ankuppeln und Bremsprobe mindestens 5 Minuten - und lässt so bei 97 Zügen je Tag volle 8 Stunden mehr Fahrzeit zu. Dies ist besonders wichtig, weil der Bunker beim Kraftwerk nur den ganzen, aus 10 Wagen bestehenden Zug aufnehmen kann, wenn er eingeschoben wird und nicht eine ziehende Lok den Platz für den zehnten Kohlenwagen beansprucht.
Zudem werden die vielfältigen Steuer- und Regeleinrichtungen der Lok nicht durch Kohleaufhäufungen beschädigt. Der Lokführer kann von dem Wendezugsteuerwagen am Kopf des Zugs aus die am anderen Ende des Zuges befindliche Lok fernbedienen. Da die Lokomotiven mit einer Sicherheitsfahrschaltung (Sifa) ausgerüstet sind, genügt die Besetzung mit einem Mann, dem Lokführer. Im Winter müssen die Kohlewagen beheizt werden, um ein Anfrieren des Fördergutes und erhebliche Erschwernisse bei der Entleerung der Wagen zu vermeiden. Auf den Loks wurden deshalb bedienungslos arbeitende Dampfkessel mit einer Leistung von 600 kg Dampf je Stunde installiert. Der Bestand an Großraumsattelwagen wurde bei der Kraftwerkserweiterung von 38 auf 58 Stück erhöht, wobei die Betriebserfahrungen bei der Neubeschaffung berücksichtigt wurden. Die bei der Verfeuerung der Kohle anfallende Elektrofilterasche wurde früher angefeuchtet und in offenen Güterwagen zur BBI zurückgefahren und dort verkippt.
Da diese Art des Transportes, vor allem die der Verkippung und Aufhaldung, umwelt-belastend war - starker Wind trug, für die Vegetation allerdings ungefährliche, Aschewolken weit über das Land -, wurden geschlossene Spezialwagen entwickelt, die einen staubfreien Transport und Umschlag der Asche ermöglichen. Im Jahre 1956 standen nur vier Filteraschewagen zur Verfügung. Dieser Bestand wurde bei einer Steigerung des Filterascheanfalls auf insgesamt 29 Stück erhöht. Selbstverständlich ist auch hier ein Teil der Wagen mit Steuerkabine für den Wendezugbetrieb ausgerüstet. Im Gegensatz zur Filterasche kann die Grobasche in offenen Güterwagen befördert werden. Um bei Entgleisungen, wie sie leider immer wieder vorkommen, die Störzeiten so kurz wie möglich zu halten, verfügt der BBI-Bahnbetrieb über eigene ölhydraulisch betätigte Eingleisvorrichtungen.
Gleisanlage immer wieder umgebaut
Seit Beginn der BBI bestand eine Gleisverbindung von der Bundesbahn über den Bahnhof 1 am Krankenhaus und 2 am Stellwerk zur Werksanlage mit der Brikettfabrik. Im Jahre 1929 wurde für die Inbetriebnahme des Kraftwerkes vom Bahnhof 2 abzweigend die Strecke nach Dachelhofen errichtet. 1952 erfolgte der Gleisbau nach Steinberg, um die Kohle von den Tagebaufeldern Steinberg-West und -Ost und Loiblweiher abzutransportieren. Nach Auskohlung dieser drei Kohlenfelder kam der Großteil der Förderung aus den Tagebauen Krähenweiher und Holzheim. Zwischen diesen beiden Tagebauen wurde 1958 eine Verladung errichtet, deren Gleisanschluss im Bereich Oder von der nach Steinberg führenden Strecke abzweigte. Mit zunehmender Kohlenlieferung erwies es sich als geradezu notwendig, über den in den Jahren 1956 bis 1958 geschütteten Westfeld-Damm eine zweite Verbindung zum Hochbunker bzw. zu den Tagesanlagen zu erstellen.
Damit war für viele Jahre ein Ringverkehr möglich. Die Bahnhöfe 2 und 3 wurden entsprechend dem ansteigenden Transportvolumen ausgebaut. Der Bahnhof 2 erhielt 1958 weitere Gleise, wurde also auf insgesamt 4 parallel laufende Gleise erweitert. Im Jahre 1971, vor der Inbetriebnahme des 300 MW-Blockes, erfolgte nochmals ein Umbau der Gleisanlagen. Im Zuge der Kraftwerkserweiterung auf 700 MW musste ebenfalls der Bahnhof 3, unmittelbar beim Kraftwerk, vergrößert werden. Im besonderen waren zwei zusätzliche Gleise für die Entleerung der Ölzüge und eine zweite Gleiszufahrt zum Kohlenbunker notwendig. Zur Erhöhung der Betriebssicherheit und Verringerung der Unterhaltungskosten wurden sämtliche Streckengleise von Asche- auf Schotterbettung umgestellt. Die früher gelaschten Schienenstöße sind etwa ab 1960 verschweißt worden.
Die Verschweißung der Schienenstöße bewirkt nicht nur einen ruhigeren Wagenlauf, sie vermindert auch den Materialverschleiß und die Gefahr von Entgleisungen. Um auch im Winter einen sicheren Zugbetrieb zu gewährleisten, werden sämtliche Weichen in den Hauptstrecken elektrisch beheizt. Zur Gleisunterhaltung, welche größtenteils vom Personal des BBI-Bahnbetriebes durchgeführt wurde, standen folgende Maschinen zur Verfügung: eine Gleis- und Weichen-Stopfmaschine Fabrikat Plasser; eine Gleisstopfmaschine Fabrikat Matisa; ein Zwei-Wege-Bagger Fabrikat Altlas; ein Gleiskranwagen sowie verschiedene Kleingeräte, wie Schweiß- und Schleifmaschinen und sonstige Vorrichtungen.
In diesem Zusammenhang darf die Erneuerung der 2,6 km langen Strecke zwischen Bahnhof 2 (Stellwerk) und Bahnhof 3 (beim Kraftwerk) im Mai 1971 durch eine Fremdfirma nicht unerwähnt bleiben. Die Inbetriebnahme des neuen 300-MW-Kraftwerks-blockes machte eine vorherige Grundüberholung dieser eingleisigen Strecke, auf der bei Volllast bis zu 194 Zugfahrten täglich durchgeführt werden mussten, erforderlich. Beim Umbau wurden teerimprägnierte Buchenschwellen und Schienen mit dem Profil S 54 eingebaut. Die Erneuerung der gesamten Strecke erfolgte innerhalb von nur vier Tagen. Die Sperrung der Strecke durfte dabei nicht mehr als zehn Stunden je Tag betragen, denn anschließend an die Bauarbeiten musste das Kraftwerk wieder mit Kohle versorgt und die Asche abgefahren werden.
Modernste Zugsicherungsanlage
Im Jahre 1957 wurden die bisherigen mechanischen Stellwerke durch die ersten elektrisch betriebenen Weichen mit Lichtsignalen ersetzt. Im Laufe der Zeit konnte die Zugsicherungsanlage so verbessert werden, dass im Endausbau ab 1972 die Fernbedienung aller 72 Signale und 45 Weichen vom zentralen Stellwerk am Bahnhof 2 aus möglich war. Zur Einstellung einer Fahrstraße bedient der Stellwerkswärter auf seinem Leuchtstelltisch nur noch die Start- und Zieltaste. Sämtliche Weichen und Signale laufen dann automatisch in die gewünschte Richtung ein. Flankenfahrten und Zugzusammenstöße auf einer so gesicherten Strecke sind durch die Stellwerksschaltung bei richtiger Handhabung ausgeschlossen. Nicht uninteressant: bei seiner Einführung 1972 verfügte die BBI über das modernste Drucktastenstellwerk, das eine Privatbahn in ganz Süddeutschland vorzuweisen hatte.
Auch Asche rollte über die Schiene
Früher wurde die gesamte Asche in offenen Güterwagen zur BBI transportiert und mit Wagenentladegeräten der Firma Heinzelmann entleert. Diese Art der Entladung und Verkippung war sehr aufwendig und durch die Leistungsfähigkeit der Wagenentlader begrenzt. Die offene Verkippung der Filterasche erwies sich darüber hinaus sehr umweltbelastend. Zur Abhilfe wurde daher im Jahre 1953 eine Asche-Spülanlage gebaut, welche nach anfänglichen Schwierigkeiten zufriedenstellend funktionierte. Die Anlage war zunächst für 800 t/Tag ausgelegt.
Durch Verbesserungen und Änderungen in der Leitungsführung konnte unter Verwendung der gleichen Motoren die tägliche Durchsatzleistung auf über 6000 t gesteigert werden. Am Anfang war die Pumpleistung über Entfernungen von mehr als 1,5 km schwer zu bewältigen. Während der Wintermonate kam es zu einem starken Anbacken bzw. Anfrieren in den Stahlrohrleitungen und teilweise auch zu erheblichem Verschleiß. Durch Zwischenschaltung von Verstärkerpumpen und durch die Verwendung von Polyäthylenrohren mit 250 mm 0 konnte die Spülleistung wesentlich verbessert werden.
Mit diesem geänderten Verfahren war es möglich, im Tagebau Kräherweiher, der ca. 3,7 km von der Spülanlage entfernt war, etwa 2,8 Mio. t Asche einzuspülen. Das Verfahren erlaubt eine umweltfreundliche Ablagerung der Staubasche. An der Einspülstelle klärt sich das als Transportmittel benutzte Wasser sehr schnell, so dass keine Verunreinigung der Gewässer entsteht.